001 by Der schwarze Engel

001 by Der schwarze Engel

Autor:Der schwarze Engel [Engel, Der schwarze]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-21T17:53:43+00:00


»Wir sind richtig«, sagte Vanessa. Sie redete in unserer Heimatsprache, und wir sahen sie erstaunt an. »Wenn wir weiterlaufen, gelangen wir zum Dorf.«

»Und dort steht der Wagen«, sagte Dennis und fügte noch das Wort »hoffentlich« hinzu.

»Dann nichts wie weg!«, rief ich.

Schon bald war der Hang zu Ende. Wir wühlten uns durch dichtes Unterholz und gerieten an eine kleine Schneise. Sie wurde von einem Wildwechsel durchzogen. Wir sahen es deshalb so genau, weil am Anfang des Wildwechsels zwei Männer standen, die ihre Fackeln in den Händen hielten.

Blitzschnell ließen wir uns fallen.

»Und jetzt?«, flüsterte Dennis. »Glaube kaum, dass wir an denen da vorbeikommen.«

»Lass mich nur machen«, raunte Vanessa.

»Aber du schaffst das nie.« Ich wollte sie zurückhalten.

»Keine Angst, mein Freund. Diese zwei sind keine Gegner für mich.«

»Wie willst du das denn anfangen?« Plötzlich verdunkelte sich ihr Blick. Dann raunte sie: »Weißt du denn nicht, dass ich eine Hexe bin, James?«

*

Im ersten Moment war ich geschockt. Sie war doch eine Hexe! Und ich hatte sie befreit!

Dann schalt ich mich einen Narren. Unsinn, Hexen gab es höchstens im Märchen oder in blutrünstigen Horror-Geschichten.

Vanessa stand auf.

»Die ist wahnsinnig!«, keuchte Dennis.

»Lass sie«, erwiderte ich.

Gespannt und mit flatternden Nerven beobachteten wir Vanessas weiteres Vorgehen. Lautlos schritt sie über den Waldboden. Noch war sie von den beiden Aufpassern nicht bemerkt worden. Und sie ging weiter auf sie zu.

Ich wollte ihr zurufen, wollte selbst hochspringen, doch Dennis hielt mich am Arm fest.

»Sie schafft es!«, murmelte ich heiser. »Himmel, sie schafft es!«

Vanessa stand jetzt dicht hinter den beiden Männern. Sie streckte ihre Arme vor und berührte mit den Fingerspitzen die Schulter der Aufpasser.

Die Männer zuckten zusammen, als würde ein Stromstoß durch ihre Arme fahren. Dann bäumten sie sich auf, um im nächsten Moment zu Boden zu sinken.

Die Fackeln verloschen.

Vanessa winkte uns zu. »Ihr könnt kommen«, sagte sie.

Wir erhoben uns. Sprachlos schauten wir uns an. Dennis fragte leise: »Verstehst du das, James?«

Ich schüttelte den Kopf.

Da meinte Dennis: »Das war Hexerei. Und vorhin hat sie ja selbst zugegeben, dass sie eine Hexe ist. Wir müssen Acht geben, James.

Hüte dich vor der Frau. Vielleicht hast du die Falsche befreit.«

Stur schüttelte ich den Kopf. »Das kann und will ich nicht glauben.«

Wir hatten Vanessa erreicht. Sie schaute uns nachdenklich an. »Ich weiß, was jetzt in euren Köpfen vorgeht«, sagte sie leise. »Aber ich habe euch gesagt, dass ich eine Hexe bin.«

»Unsinn.« Ich machte eine abwehrende Handbewegung, wollte es einfach nicht wahrhaben. »Hexen gibt es nicht.«

»O doch«, wurde ich belehrt. »Sieh mich an, James.«

Dennis dachte praktischer. Er deutete auf die am Boden liegenden Männer. »Sind sie tot?«

»Nein, nur bewusstlos. Ich töte nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Auch unter Hexen gibt es Unterschiede.« Sie sagte das mit einer Selbstverständlichkeit, die mich sprachlos machte. Und ich begann zu zweifeln. Gab es diese Hexen tatsächlich? War das, was in den Legenden und Mythen der Völker auftauchte doch nicht alles gelogen? Steckte irgendwie ein bisschen Wahrheit dahinter?

Vanessa gab mir Rätsel auf. In vieler Hinsicht. Aber gleichzeitig nahm ich mir vor, diese Rätsel zu lösen. Ich hatte – um es mal dras-tisch auszudrücken – Blut geleckt.



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